1909 benannt. Er wird eingefasst von der Pfarrkirche, dem Palast, dem Gasthaus „Löwen”, den beiden Schulhäusern und dem Beginn der Marktstraße.
Dieser Platz hat schon viel erlebt und könnte uns manches aus der Geschichte erzählen. Schon bald nach 14 vor Christus, als die Römer unter Drusus und Tiberius unser Land eroberten, begannen sie entlang des Berghanges eine Straße zu bauen. Diese führte vom Kobel bei Götzis herein zum Schwefelbrunnen und dann weiter über die Parzelle Weiler zur heutigen Ortsmitte. Beim Kirchplatz bog sie ab und führte nun auf dem trockenen Bergfuß über die Weiler Ober- und Unterklien nach Dornbirn und Bregenz, das damalige Brigantium. Diese Straße diente nicht nur den Soldaten als rascher Anmarschweg, sondern auch einem regen Handelsverkehr zwischen den Gebieten nördlich und südlich der Alpen. Rund vierhundert Jahre war es ruhig, doch dann stießen die Alemannen in unser Land vor, vertrieben die Römer und drängten die einheimischen Räter immer weiter nach Süden zurück. Für eine Ansiedlung war unser Gebiet wenig geeignet, da das Land bis an den Rhein hinaus versumpft war und oft von diesem überschwemmt wurde. Doch als in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts die Hohenstaufen mit ihren Heeren auf dem Weg nach Italien immer wieder hier durchzogen, mussten Burgen gebaut werden, um die Straßen zu sichern. Hier bot sich der steile und das ganze untere Rheintal beherrschende Schlossberg geradezu an. Schon der nachmals berühmte Dichter Rudolf von Ems, der um 1200 auf Burg Ems geboren wurde, blickte auf das damals noch leere Gebiet zu Füßen des Schlossberges. Im Schutz dieser Burg begannen sich nun Leute auf der Reute, im Tugstein und an den Berghängen anzusiedeln. Wollten diese eine Kirche besuchen, so mussten sie nach Lustenau gehen, weil Hohenems und Ebnit pfarrlich lange Zeit zu Lustenau gehörten.
Erst in der Mitte des 14. Jahrhunderts ließen Ritter Ulrich von Ems und seine Gattin Adelheid von Rorschach dort, wo heute die Pfarrkirche steht, eine Sankt-Katharina-Kapelle erbauen. Diese wurde im Lauf des 15. Jahrhunderts vergrößert und hieß nun Unserer-Lieben-Frauen-Kapelle. Betreut wurde sie von einem nach Lustenau zuständigen Kaplan. Um 1490 wurde die Kaplanei in eine selbständige Pfarre
umgewandelt. Ob die Kapelle in diesem Zusammenhang vergrößert oder neu gebaut wurde, wissen wir nicht, jedenfalls hieß sie 1528 Christophelskirche.
Um 1563 kam Leben in diese Gegend, weil der rasch zu Reichtum gelangte Fürstbischof von Konstanz, Kardinal Markus Sittikus, nach den Plänen des italienischen Baumeisters Martino Longo die Vorderfront des Palastes errichten ließ. Das Jahr 1570 wurde für Hohenems ebenfalls denkwürdig. Ende August kam der Erzbischof von Mailand, der später heilig gesprochene Kardinal Karl Borromäus, im Zug einer Visitationsreise durch die Süd- und Ostschweiz von Sankt Gallen her zu seiner mit dem Grafen Jakob Hannibal verheirateten Schwester Hortensia auf Besuch. Dabei dürfte er auch die Kirche besichtigt und zu klein und unansehnlich befunden haben. Jedenfalls ließ sie Jakob Hannibal sechs Jahre später abbrechen und an der gleichen Stelle von Esaias Gruber aus Lindau eine größere Pfarrkirche erbauen. Rund um diese Kirche befand sich der Friedhof, der von einer Mauer umgeben war. Teile dieser Mauer sind heute noch als Seitenwand des Kriegerdenkmals und auf der Turmseite vorhanden. Der Palast wurde von Jakob Hannibal, dem er von Kardinal Markus Sittikus geschenkt worden war, nie benützt, er diente lediglich als Gästehaus. Erst Graf Kaspar ließ nach 1603 die beiden Seitenflügel anbauen und den Innenhof durch eine Mauer mit Blindfenstern gegen den steilen Schlossberg abschirmen, wodurch der Hof gegen Steinschlag und Schneedruck geschützt war. Vom Palast zur Pfarrkirche wurde ein gemauerter und überdachter Gang errichtet, durch den die gräfliche Familie bequem die Hofloge auf der Empore der Kirche erreichen konnte. Nun war der Kirchplatz bereits gegen Osten und Süden von Gebäuden eingefasst, ins Unterland und über die herrschaftlichen Gärten im Heidenfeld konnte der Blick aber ungehindert schweifen.
Im Bestreben Handel und Gewerbe anzukurbeln, erließ Graf Kaspar 1605 einen Freibrief, der allen hier ansiedelnden Leuten Grund und Boden, Holz aus den gräflichen Wäldern für den Hausbau und Freiheit von der Leibeigenschaft versprach. So entstand in kurzer Zeit die vom Kirchplatz in nördlicher Richtung verlaufende Dompropsteigasse, die heutige Marktstraße.
Als 1759 die Emser Grafen in ihrer männlichen Linie ausstarben, nahm Kaiser Franz I. die reichslehenbare Grafschaft für Kaiser und Reich in Besitz und verlieh diese am 11. März 1765 seiner Gemahlin Maria-Theresia und somit dem Erzhaus Österreich. Bereits im Juni wurde Hohenems von Österreich feierlich in Besitz genommen und zum Zeichen der Besitznahme auf dem Kirchplatz zwischen Pfarrkirche und
Palast eine österreichische Wappensäule errichtet.
Die von Graf Jakob Hannibal erbaute Kirche konnte inzwischen die stark angewachsene Bevölkerung nicht mehr fassen. Pfarrer Josef Fetz ließ daher 1796 die Kirche mit Ausnahme des Turmes und eines Teils der an ihn angrenzenden Wand abbrechen und in den folgenden zwei Jahren die heutige Pfarrkirche errichten. Da der Turm aus Geldmangel nicht gleichzeitig saniert wurde, war dieser 1820 so baufällig, dass der Helm bis zum ersten Stern ob dem Wimperg abgebrochen und provisorisch mit einem abgewalmten Dach gedeckt werden musste. Infolge der schlechten Zeiten dauerte es bis 1857, ehe der Turm einen neuen Helm samt neuem Geläute und damit die heutige Form erhielt.
Die Schule war in Hohenems nacheinander in verschiedenen Gebäuden notdürftig untergebracht (…) ehe nach langwierigen Verhandlungen gegenüber der Pfarrkirche ein neues Schulhaus errichtet und 1830 feierlich eröffnet werden konnte. Nun war der Kirchplatz erstmals geschlossen. Das neue Schulhaus erwies sich aber bald als zu klein, sodass 1840 ein weiteres Stockwerk aufgesetzt werden musste. In diesem Schulhaus war bis 1908 auch die Gemeindekanzlei und um die Jahrhundertwende für ein paar Jahre die Raiffeisenkasse untergebracht. Die neuerliche Schulraumnot veranlasste die Gemeinde in den Jahren 1897/98 hinter dem bestehenden Gebäude ein neues Schulhaus zu errichten. Nun wurde die Schulleitung getrennt: Im alten Schulhaus war die Mädchenschule unter der Leitung von geistlichen Schwestern, in das neue zogen die Knaben ein. 1911 wurde schließlich noch die Knaben-Bürgerschule eingeführt.
Im Jahr 1904 erwarb eine Gesellschaft das Gasthaus „Löwen“, ließ Stallungen und Tenne abbrechen und einen Saal samt Bühne errichten. Gleich daneben stand hart an der Straße die überdachte Gemeindewaage mit gemauertem Waaghaus. Die Waage war so groß, dass unter ihrem Dach ein Fuder Heu eingestellt werden konnte. Oft führten am Sonntagvormittag in ihrem Schutz auch Männer so intensive Gespräche, dass sie glatt die Messe versäumten. An der Ecke des Gasthaus‘ „Löwen“ wurde 1864 die erste öffentliche Straßenlaterne von Hohenems aufgehängt. Es war dies eine Petroleumlampe, die vom Löwenwirt freiwillig bedient wurde und für welche die Lieferung des nötigen „Votogenöhls“ (Petroleum) an den Billigstbieter versteigert wurde. Vermutlich deutete diese Lampe eher das Löweneck nur an, als die Nacht zu erhellen. Nach der Einführung des elektrischen Lichtes wurden im Frühjahr 1906 auf dem Kirchplatz eine Bogenlampe und ein Transformer aufgestellt.
1936 wurde rechts der Kirche ein Kriegerdenkmal erstellt und am 19. Juli feierlich eingeweiht. Dazu wurde unter Einbeziehung des Durchganges beim gräflichen Kirchgang, der Kirchenwand und der ehemaligen Friedhofsmauer ein Ehrenhof geschaffen und mit einer Arkade und einem in Stein gehauenen liegenden Soldaten von Franz Plunder abgeschlossen. Eine Sensation, vor allem für uns Buben, ergab sich ein Jahr später, als im Zug der Kanalisierung der Bundesstraße ein „Geheimgang“ aufgedeckt wurde. Dieser war so groß, dass man in seinem Gewölbe mit Ross und Wagen fahren konnte. Er reichte aber nur noch vom Palastgarten bis zum unteren Löweneck und war ein Teil eines Verbindungsganges, durch den Hirsche von einem Tiergarten in den anderen getrieben werden konnten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Schulraumnot wieder so groß, dass beim Mädchenschulhaus drei weitere Klassen angebaut werden mussten. Gleichzeitig wurde das Stiegenhaus vollkommen erneuert. Als vorläufigen Abschluss der Bautätigkeit rund um den Kirchplatz erhielten die beiden Schulhäuser 1983 in nur 20wöchiger Bauzeit eine große Turnhalle, Umkleide- und Waschräume und wurden durch eine überdachte Pausenhalle und unterirdische Gänge miteinander verbunden.
Bernhard Babutzky, 1984, 2023 aktualisiert