Dr.-Häfele-Straße

1958 benannt. Abzweigung von der Radetzkystraße in Richtung Erlach. Sackstraße. Privatstraße.

Dr. Franz Häfele 1889 – 1947

Der Geschichts- und Heimatforscher hat die Benennung einer Straße in Hohenems zu seiner Ehre und seinem Andenken überaus verdient. Er wurde am 23. Februar 1889 als Sohn des Engelbert Häfele (Schniederlis) und der Rosalia Kick in der Parzelle Erlach geboren, wo die Eltern ein bäuerliches Anwesen bewirtschafteten, das noch im Besitz seiner Familie ist.

Franz Häfele maturierte 1913 am Gymnasium in Feldkirch, studierte in Innsbruck Philosophie, besonders Heimatgeschichte. Seine Doktorarbeit „Beiträge zur Geschichte des Grafen Jakob Hannibal von Hohenems“ war schon ein Heimatthema, mit dem er 1917 in Innsbruck zum Doktor der Philosophie promoviert wurde. Nachdem er auch die Lehramtsprüfung abgelegt hatte, unterrichtete er von 1917 bis 1919 am Gymnasium in Dux in Böhmen. Nach dem Zusammenbruch der Monarchie kehrte er in seine Heimat zurück und arbeitete wenige Jahre als Bibliothekar der Arbeiterkammer. Von 1922 bis 1929 widmete er sich ganz seinen Forschungen und verdiente seinen Lebensunterhalt mit schlichter bäuerlicher Arbeit auf dem elterlichen Anwesen.

In den Jahren 1929 bis 1938 leitete Dr. Franz Häfele die Volksbüchereien von Bregenz und Dornbirn und kam dann 1938 als Bibliothekar in das Landesarchiv in Bregenz. Diese Arbeit, die ganz seinem Wesen entsprach, entriss ihm bald der Zweite Weltkrieg, da er zur Dienstleistung in der öffentlichen Verwaltung herangezogen wurde.

Das Kriegsende versetzte Dr. Franz Häfele und seiner Familie einen harten Schicksalsschlag: Im Zug der Kampfhandlungen bei der Einnahme Vorarlbergs durch die französischen Truppen wurde das Haus von Dr. Häfele beschossen, seine Frau Dora und die acht kleinen Kinder suchten im Keller Schutz vor den einschlagenden Granaten; doch bald brannte das Anwesen lichterloh. Während der Vater vergeblich Löschversuche machte, mussten die Frau und die Kinder ins Freie flüchten, wo sie neben den Kämpfenden im dichten Kugelregen standen. Das Haus aber wurde in kurzer Zeit ein Raub der Flammen. Viel schmerzlicher als der Verlust aller materiellen Werte – auch eine umfangreiche Bibliothek und eine wertvolle Münzensammlung hatten dazugehört – , war für den Forscher der Verlust seiner wissenschaftlichen Arbeiten, seiner Stoffsammlungen, Vorarbeiten, Skizzen und Manuskripte, die einen bedeutenden Teil seines Lebenswerkes darstellten.

Im Jahr 1922 hatte Dr. Franz Häfele das Buch „Bilder und Aufsätze aus der Geschichte Vorarlbergs und seiner Umgebung“ herausgegeben, ein heimatgeschichtliches Werk, volkstümlich und anschaulich geschrieben und doch wissenschaftlich treu und genau, wurde es zu einer Fundgrube der Landesgeschichte und Heimatforschung. Dr. Häfele hatte die Absicht, diesen Band, der die Zeit von der Urgeschichte bis zum Ende des Mittelalters umfasst, durch einen zweiten zu ergänzen. Der Verlust aller Unterlagen und Manuskripte beim Brand des Hauses machte dieses Vorhaben zunichte.

Ein Glück, dass Dr. Häfele schon vorher manche seiner Abhandlungen in wissenschaftlichen Zeitschriften und Zeitungen, in heimatkundlichen Büchern und in Vorarlberger Lesebüchern veröffentlicht hatte. Dr. Artur Schwarz würdigte im Heft 1/1972 der Zeitschrift „Montfort“ Leben und Werk von Dr. Franz Häfele ausführlich und hob seine menschliche Größe und seine wissenschaftliche und schriftstellerische Leistung hervor. Eine von Frau Amalie Bertsch im gleichen Heft der „Montfort“ erstellte Liste der veröffentlichten Abhandlungen, Aufsätze, Biographien und Rezensionen weist die erstaunlich hohe Zahl von rund 150 Arbeiten auf. Von den vielen seien im folgenden solche Abhandlungen angeführt, die speziell auf Hohenems Bezug haben:

„Hohenems und das Nibelungenlied“
„Hohenems in vergangenen Zeiten“
„Aus dem Sagenschatz von Hohenems“
„Der Dichter Rudolf von Ems
„Der Feldoberst Jakob von Ems“
„Der Landsknechtoberst Marx Sittich von Ems“
„Der heilige Karl Borromeus und die Familie Hohenems“
„Ein Fürsten träum des Grafen Jakob Hannibal von Hohenems“
„Ein Zwischenfall aus dem Leben der hohenemsischen Landsknechte in Brabant“
St. Anton, Friedhofskirche und Friedhof von Ems“
„Papst Pius IV. und seine Nepoten“ und andere.

Dr. Franz Häfele sammelte schon als Gymnasiast Hohenemser und Vorarlberger Sagen und rettete so viel heimatliches Kulturgut vor dem Vergessenwerden. Diesem glücklichen Umstand ist es zu danken, dass zum Beispiel „Im Sagenwald“ – neue Sagen aus Vorarlberg – von Dr. Richard Beitl, 1953 erschienen, Hohenems mit 57 Sagen vertreten ist, einer Zahl, die von keiner anderen Gemeinde auch nur annähernd erreicht wird. Der unermüdliche Dr. Häfele hat außerdem auch Lebensbeschreibungen bedeutender Persönlichkeiten und eine Aufsatzreihe über „Dornbirner Familiennamen, ihre ältesten und bedeutendsten Träger“ veröffentlicht.

Dies alles lässt ahnen, was wir im zweiten Band seiner umfassenden Geschichte Vorarlbergs noch hätten erwarten können. Doch die Sorge um die Seinen, die in den letzten Kriegstagen 1945 ihr Haus und ihre Habe verloren hatten, die Sorge und Mühe um den Wiederaufbau seines Anwesens und seiner Heimat Vorarlberg, der Verlust seiner wissenschaftlichen Lebensarbeit, die Entbehrungen der Nachkriegszeit und eine nicht ausgeheilte Grippe führten am 19. April 1947 zum allzu frühen Tod des großen Emsers, der seine Heimat geliebt und ihr mit allen seinen hervorragenden Kräften gedient hatte.

Josef Giesinger, 1984