Soziales

Stadtflüstern in Hohenems: Senioren erzählen ihre Lieblingsorte

„Ich soll euch also an meinen Lieblingsort führen? Ich soll mich vor euch outen!“, lacht Toni Amann. Hoch oben auf dem Plateau der Burgruine Alt-Ems erzählt er einer kleinen Gruppe Verbündeter, und gleichzeitig doch der ganz großen Öffentlichkeit, seinen Lieblingsort, den Schlossberg.

Gemeinsam mit dem Büro für Gemeinwesen, der Stadt Hohenems, der Initiative „Geborgenheit in Ems“ und mit Unterstützung der Aktion Demenz hat das Literaturhaus Vorarlberg elf Senioren im Rahmen des Projekts „Stadtflüstern“ an ihren Lieblingsplätzen zum kreativen Schreiben und Erzählen eingeladen. Begleitet von der Vorarlberger Autorin Erika Kronabitter und unterstützt von Stadträtin Erika Kawasser haben sich die Teilnehmer im Alter von rund 70 bis 93 Jahren mit dem Schwefelberg, dem Gsohl, dem Brunnen im Jüdischen Viertel oder auch Brogers Kapelle zu ganz unterschiedlichen Orten in Hohenems auf den Weg gemacht. Dort gaben sie humorvolle wie berührende, vor allen Dingen aber sehr persönliche Einblicke in ihre Lebensgeschichten, die sich rund um ihre Lieblingsorte ranken.

Während sich eine fünfköpfige Gruppe an ihren Lieblingsplätzen auf das Schreiben kreativer Texte einließ und ihre Geschichten später im Tonstudio professionell einlas, gingen sechs Senioren direkt an den jeweiligen Orten mit der Autorin ins Gespräch und wurden dabei gleich vom Mikrofon begleitet. So mischen sich auf der Alpe am Ranzenberg Vogelstimmen und das Rauschen des Windes mit der Lebensgeschichte des knapp 80-jährigen Jakob Aberer, der schon als kleiner Bub nicht nur den Berg, sondern auch das Leben bestehen musste. Die unbeschwerten und höchst amüsanten Schilderungen von Hannelore König, die ihre Kindheitsjahre im heutigen Rathaus verbrachte, zeigen die ganze Bandbreite der erinnerten Geschichten auf, die unter der Oberfläche der Stadt darauf warten, erzählt und gehört zu werden.

Über den Sommer werden alle Tonaufnahmen sorgsam aufbereitet. Im Herbst schließen die Senioren das Projekt „Stadtflüstern“ dann mit einem letzten Besuch ihrer Lieblingsorte ab. Im Gepäck haben sie ihre Geschichten, die in Form von Hörtexten über QR-Codes wieder an die Orte zurückwandern, an denen sie entstanden sind. Wer die Orte aufsucht und die Codes mit dem Handy scannt, kann mit den Erzählungen der Senioren den jeweiligen Ort im Spiegel der vergangenen Jahrzehnte auf ungewöhnliche Weise hören und erleben.

Weitere Informationen unter www.literatur.ist

Fotos: Frauke Kühn

Die 93-jährige Ingrid Rupitz genoss den Rikscha-Service von Stadträtin Erika Kawasser.

Beim Stadtflüstern eroberte sich Katharina Fenkart die Liebe zum Schreiben aus der Schulzeit zurück.

Jakob Aberer erzählt Erika Kronabitter am Ranzenberg von bewegenden Momenten seiner Kindheit.

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