Das 33. Homunculus-Festival legte einen großartigen Start hin und zeigt sich auch bei kurzfristigen Ausfällen flexibel.
Am vergangenen Donnerstagabend wurde wieder der Teppich ausgerollt. Noch bis 9. Mai 2024 bietet Homunculus Puppentheater, Poesie und Kleinkunst vom Feinsten. Präsentiert von Intendantin Susi Claus und Geschäftsführer Dieter Heidegger, zollten auch die Premierengäste Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink, Hausherr Bürgermeister Dieter Egger, Bürgermeister Guido Flatz (Doren) sowie Festival-Präsident Günter Bucher und viele mehr den Künstlern überbordenden Applaus.
In Hohenems werden Drachen nicht erschlagen, sondern maximal in den großen Zeh gepiekst. Zumindest bei Homunculus, dem renommierten Figurentheaterfestival, bei dem nicht nur Phantasie und Poesie, sondern auch Humor und Empowerment für kleine Heldinnen großgeschrieben wird.
Bei „Drachenblut und Blümchenpflaster“ zeigte das Theater Zitadelle am Sonntagvormittag, dass auch ein Mädel mit Schwert und Grips die Eltern retten kann. Schließlich muss der Drache nicht erschlagen, sondern nur höflich um ein paar Tröpfchen Blut gebeten werden. Auch den Riesen muss man nicht köpfen, eine kleine Bitte und drei Haare wechseln den Besitzer. Erzählt wurde das Märchen aus der Perspektive zweier Securitymitarbeiter (Daniel Wagner und Michael Schwager) ein humoristischer Kniff erster Güte.
Köstlicher Don Quichote
Das Publikum im Löwensaal gab frenetischen Applaus, wie schon einige Male zuvor: Zum Festivalauftakt bot das Schuberttheater Wien seine Version über Teslas Leben mit „Tesla.369“ in aufwändigen und pointiert erzählten Bildern. Große Namen aus Musik und Weltliteratur folgten. Mutmaßlich wurde Cervantes „Don Quichote“ (Samstag) noch nie so herrlich komisch und schräg erzählt wie vom Materialtheater Stuttgart. Annette Scheibler und Sigrun Kilger verwoben in die herrlichen Szenen Slapstick, viel Phantasie, ein klein wenig Politik und jede Menge Humor. Die Erlebnisse des traurigen Ritters und seines Knappen Sancho Pansa wurden mit zwei Puppen und köstlichen Bühnenbildeinfällen – die Mancha als Wolldecke mit heller und dunkler Seite, Teppichklopfer als Windmühlenflügel und ein Buchrücken, der sich ins den Gaul Rosinante verwandelt – präsentiert. Weltliteratur, zum köstlichen Fond eingekocht!
Mitreißendes Kinderprogramm
Beim bisherigen Kinderprogramm inspirierte Annegret Geist die Kleinen mit der Kinderbuchadaption von Helmut Heim „Das schönste Ei der Welt“. Der Contest dreier Hühner gipfelt in der Erkenntnis, dass Schönheit von innen kommt – woher denn sonst, wo doch das Ei von der Henne gelegt wird …? Der Stoff über den Wert des Einzelnen und die Einzigartigkeit hat im Selfie-Zeitalter wohl mehr Relevanz denn je. Auch das „tapfere Schneiderlein“ der Leipziger Kompagnie „Märchenfänger“ sorgte für viel Applaus. Gleich zwei Vorstellungen waren dem cleveren Schneiderlein, das seinen fiesen Chef verlässt und auf Geheiß des affektierten Königs das Schlager singende Einhorn fangen sollte, gewidmet. Christian Sengewald überzeugte mit flottem Spiel und vielen Einfällen auch Jugendliche bis 14 Jahre.
Ersatzstück als Highlight
Die bei Homunculus wohlbekannten „Exen“ – nicht zu verwechseln mit „der Echse“ (Michael Hatzius), der das Publikum am Montag mit bissiger Satire begeisterte, sprangen bei einem wetterbedingten Programmwechsel vergangene Woche kurzfristig ein. „Der merkwürdige Herr Bruckner“ sorgte für Standing Ovations: Annika Pilstl und Dorothee Carls gossen ihr musikalisch-flottes Figurentheaterstück über den berühmten Komponisten, der als bescheidener, aber auch etwas „potscherter“ Zeitgenosse galt, für eine in starken Szenen stringent erzählte Geschichte: Zum 200. Geburtstag wird Bruckner in seiner Gruft zum Leben erweckt und erfährt, wie seine Musik weiterlebt. Die Exen zauberten Momente der Demütigung durch seine Gegner, private Niederlagen auf seine – insgesamt neun – erfolglosen Heiratsanträge, Begegnungen mit Richard Wagner, dem Kaiser Franz Joseph sowie musikalischen Triumphen grandios auf die Löwensaalbühne.
Ernster Stoff
Das 33. Figurentheaterfestival erfreut sich heuer einer exzellenten Auslastung, Restkarten sind noch für das Werk der künstlerischen Leiterin Susi Claus und Stefka Ammon „Wenn alles auseinanderfällt“ (Mittwoch, 8. Mai 2024) über die Köpenicker Blutwoche 1933 erhältlich. Ein anspruchsvoller Stoff, mit tragischem, tagespolitischem Hintergrund, der in Kooperation mit dem Jüdischen Museum Hohenems im Salomon Sulzer Saal gezeigt wird.
Die Geschichte der Bremer Stadtmusikanten, ein ausverkaufter Liederabend mit Tina Teubner stehen ebenfalls auf dem Programm. Ebenfalls noch Restkarten gibt es für das Festivalfinale in Doren mit „als die Tiere den Wald verließen (Freitag, 10. Mai 2024, 14.30 Uhr) sowie Andreas Bongers „Bock drauf“ (um 20 Uhr) im Gemeindesaal Doren.
Weitere Infos unter www.homunculus.info